Vue du nord de Citadelle depuis le Pont André Bord. On y voit les arbres de la promenade plantée au bord de l'eau devant des bâtiments en bois de 4 à 6 étages.

Was bedeutet die Weiterentwicklung des Projekts konkret für das Quartier Citadelle?

Die am Straßburger Stadtplanungsprojekt  Deux-Rives / Zwei-Ufer beteiligten Akteure haben anderthalb Jahre intensiv an einer Weiterentwicklung  des Projekts gearbeitet. Doch wie wirken diese sich konkret auf Ebene des Stadtviertels aus? Was bedeutet das für die Grünflächen? Den Neubau von Wohnungen? Die öffentlichen Einrichtungen und Plätze? Was heißt das für den Verkehr, die Energiequellen und das Leben im Stadtteil und wie werden neue Wege des Zusammenlebens erschlossen?

Schauen wir uns einmal den Stadtteil Citadelle unter den genannten Aspekten genauer an und blicken wir auf die konkreten Auswirkungen der Projektanpassungen.

Großzügigere Grünflächen

Als Ergänzung zur Uferpromenade und um die bestehenden Grünflächen in der Eurometropole Straßburg ‑ den Grüngürtel ‑ zu schützen, werden die ursprünglichen Planungen überarbeitet: Die bestehenden Grünflächen an der Spitze der Citadelle und bei den Lagerhallen Les Halles Citadelle werden beibehalten und gar zu einem großen Stadtpark Parc Citadelle umgewandelt, der nach Fertigstellung über eine neue Fußgänger- und Radfahrerbrücke mit dem bereits bestehenden Parc de la Citadelle verknüpft werden soll.

Gleichzeitig wird auch der Kern des Viertels grüner. Im Einklang mit der Natur zu bauen, beschränkt sich nicht darauf, Parks anzulegen, sondern vielmehr auch im Viertel selbst genügend Raum für grüne Adern vorzusehen.

  • Das geschieht in den Straßen und auf den Plätzen durch das Pflanzen von Bäumen und durch die Stärkung der Artenvielfalt bei der Grünplanung, insbesondere durch eine nachhaltige Grünraumgestaltung (nur auf Englisch). 
  • Auch in Wohnblöcken in privater Hand können durch architektonische Anpassungen Gärten angelegt und große Bäume naturnah angepflanzt werden.
  • Schließlich bekommen auch die Gebäude selbst durch Fassaden- oder Dachbegrünungen einen grünen Anstrich. Diese Maßnahmen sehen nicht nur hübsch aus, sondern haben im Sommer einen angenehm kühlenden Effekt.

Es geht also letztlich darum, im gesamten Stadtviertel ein durchgehendes Band aus Grünflächen, grünen Plätzen und kleinen Parks zu schaffen ‑ ganz gleich ob öffentlich oder privat ‑ das für eine natürliche Abkühlung sorgt und damit die Lebensqualität und Artenvielfalt verbessert.

Den Zugang zur Natur in der Stadt zu vereinfachen, bedeutet nicht alleine die lokale Artenvielfalt, sondern auch unser psychisches Wohlbefinden zu stärken. Denn der direkte, visuelle oder physische Kontakt mit der Natur ist für den Menschen von grundlegender Bedeutung.

Bioklimatische Stadtplanung sorgt für neue Formen

Eine zentrale Weiterentwicklung des Projekts findet in Form der umfangreichen Arbeit des Büros für Umweltplanung TRIBU (nur auf Französisch) statt, das eine Umweltanalyse für alle Neubauprojekte erstellt hat. Aus dieser Arbeit leiteten sich verschiedene Empfehlungen ab. Darunter auch architektonische Anpassungen der Gebäudeformen, die das Wohnklima zu jeder Jahreszeit verbessern sollen:

  • Im Sommer während Hitzephasen und Trockenperioden:
    • Um die Wohngebäude und Außenflächen auf natürliche Weise zu kühlen, fließen nun die vorherrschenden Winde im Rheintal in die Planungen mit ein. Die einzelnen Gebäude werden schmaler, so dass eine gute und natürliche Durchlüftung durch sich jeweils gegenüberliegende Fenster  in den einzelnen Wohnungen im Sommer möglich ist. Der Standort neuer Gebäude wird so gewählt, dass in Nord-Süd-Richtung Frischluftschneisen im Quartier  für eine natürliche Abkühlung sorgen.
    • Gleichzeitig werden die Dächer begrünt, um die Gebäude zu kühlen. Zudem werden auf den Dächern Solarpanele zur Stromerzeugung installiert und an den Glasfassaden werden Jalousien, Rollläden und Lattenelemente als Sonnenschutz angebracht.
    • Schließlich sorgen auch die naturnah gepflanzten Bäume für Schatten und eine natürliche Abkühlung der Außenflächen und angrenzenden Gebäude.
  • Im Winter, wenn die Tage kürzer werden und es weniger Sonnenstunden gibt:
    • Durch die Überarbeitung der Abmessungen einiger Gebäude, ist insbesondere in den unteren Etagen  eine bessere Nutzung des natürlichen Lichteinfalls und damit natürlicher Wärmequellen möglich, was die Wohnqualität steigert und gleichzeitig den Heiz- und Strombedarf senkt.
    • Großzügig gestaltete Glasfassaden sorgen für helle Räume und natürliche Wärme in den Wohnungen und Büros.
    • Schließlich wurden bei der Auswahl der neu zu pflanzenden Bäume Laubbaumarten (nur auf Englisch) ausgewählt, die ihre Blätter im Winter verlieren, um so für mehr Lichteinfall auf die Glasfassaden zu sorgen.

Schema des Sommerkomforts/Winterkomforts angewandt auf Citadelle (Copyright: Planungsbüro Tribu)
Schema des Sommerkomforts/Winterkomforts angewandt auf Citadelle (Copyright: Planungsbüro Tribu)

Um eine hohe Wohnqualität, einen niedrigeren Energieverbrauch und eine fortlaufende Anpassung an den Klimawandel zu erreichen, mussten die Grundmaße einiger Gebäude überarbeitet werden. Hierdurch sowie durch den Bau zusätzlicher öffentlicher Einrichtungen und wohnortnaher Angebote, die nun ursprünglich geplante Neubauten ersetzen, und durch die Beibehaltung der Grünflächen an den Lagerhallen Les Halles und der Spitze der Citadelle musste die Anzahl der geplanten Wohnungen nach unten korrigiert werden. So wird es im Viertel Citadelle 920 Wohnungen (anstelle der ursprünglich vorgesehenen 1190 Wohnungen) geben. Dabei wurde der Anteil der öffentlich geförderten Wohnungen (in Form von Mitwohnungen für Personen mit geringem und mittlerem Einkommen und Eigentumswohnungen für Personen mit geringem Einkommen) auf 53 % im gesamten Viertel (ursprünglich: 38 %) erhöht und neue partizipative Ansätze gestärkt (Baugemeinschaften, partizipatives Wohnen in Sozialwohnungen usw.)

Ein Co2-armes Viertel für einen ökologisch verantwortungsvolleren Lebensstil:

Die Überlegungen zur Weiterentwicklung des Projekts beschränkten sich nicht nur auf den Wunsch, die Stadt resilienter zu machen und besser an den Klimawandel anzupassen. Zudem sollten die Auswirkungen des Projekts auf das Klima, insbesondere mit Hinblick auf die Treibhausgas- und CO2-Emissionen, grundsätzlich reduziert werden.

Hierzu war es nötig, den Energieverbrauch (durch die oben beschriebenen Maßnahmen) insgesamt zu senken und darüber hinaus den gesamten Lebenszyklus der verwendeten Baustoffe zu betrachten. Ob beim Abbau, der Verarbeitung, Lieferung, Nutzung, Wartung oder dem Recycling: In jeder Etappe des Lebenszyklus müssen die Umweltauswirkungen möglichst klein gehalten werden.

Zu diesem Zweck haben die SPL Deux-Rives und die Eurometropole partnerschaftlich mit sämtlichen Akteuren der Holzwirtschaft rund um den Stadtteil Citadelle zusammengearbeitet. Dabei sollte das lokale Know-how gestärkt, Mehrkosten vermieden und die Nutzung von Materialien biologischen Ursprungs gestärkt werden (Holz, Ziegelstein, Erde, Stroh u.a.) Die Nutzung dieser Baustoffe wird in den Vorgaben der Lastenhefte für die Bauunternehmen vorgeschrieben. Damit bot sich auch die Gelegenheit, die lokale Wirtschaft zukunftsfähiger zu machen und die Anlieferung der Baustoffe (wie zuvor die Anlieferung der zu pflanzenden Bäume)  über den Rhein zu fördern. Zudem wurden neue Verfahren für den Bau entwickelt.

Doch wenn die Treibhausgasemissionen im Viertel insgesamt gesenkt werden sollen, muss auch so manch eine Gewohnheit aus unserem Alltag auf den Prüfstand. Wie können diese Veränderungen begleitet und gefördert werden?

Konkret funktioniert das:

  • indem entstehende Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern rund um den ökologischen Wandel unterstützt werden (z.B. für eine solidarische Landwirtschaft und Gemeinschaftsgärten, Abfallvermeidung, Car-Sharing und Mitfahr-Angeboten),
  • indem die Entwicklung des Transports auf dem Wasserweg und mit dem Fahrrad, von der Baustellenlogistik bis zu den Anlieferungen für die Geschäfte und Bewohnerinnen und Bewohner des Viertels überprüft werden
  • indem die CO2-Emissionen aus dem Verkehr reduziert werden, da das Auto weniger Platz im Viertel bekommt (Autos werden nicht mehr an der Straße, sondern ausschließlich in den mehrstöckigen Parkhäusern an den Einfahrtstoren des Viertels geparkt) und indem der Langsamverkehr ausgebaut wird (vgl. bereits fertig gestellte S-Bahn-Haltestelle Citadelle sowie gemeinsam genutzte „Begegnungszonen“ für Fußgänger, Radfahrer und Autos mit maximal Tempo 20, die Einrichtung von Radwegen usw.)
Überblick über die Verkehrswege im Stadtviertel Citadelle (Copyright: Yves Dorsi)
Überblick über die Verkehrswege im Stadtviertel Citadelle (Copyright: Yves Dorsi)

Größerer Anteil an öffentlich geförderten Wohnungen und partizipativen Wohnprojekten

Um die Stadt inklusiver zu gestalten, haben SPL Deux-Rives, die beauftragten Bauunternehmen sowie die Stadt und Eurometropole Straßburg gemeinsam daran gearbeitet, mehr öffentlich geförderten Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Hierzu zählen Sozialwohnungen zum Erwerb und zur Miete für Personen mit geringem Einkommen sowie Mietwohnungen für Personen mit mittlerem Einkommen, die besser zu den finanziellen Möglichkeiten und Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner passen.

Im Stadtteil Citadelle sollte der Anteil der öffentlich geförderten Wohnungen ursprünglich bei 38 % liegen. Um den Anforderungen der potenziellen Bewohnerinnen und Bewohner und deren Geldbeutel besser zu entsprechen, wurde der Anteil der öffentlich geförderten Wohnungen auf 53 % des gesamten Wohnparks erhöht.

Gleichzeitig setzten sich SPL Deux-Rives und die Eurometropole für die Förderung neuer Wohnformen wie das partizipative Wohnen ein, das insbesondere im Viertel Citadelle umgesetzt wird und dort für ein ökologischeres und solidarischeres Zusammenleben sorgen soll.

Das partizipative Wohnen stützt sich auf das aktive Engagement der Bürgerinnen und Bürger: Die (künftigen) Bewohnerinnen und Bewohner schließen sich zusammen, um ihre Wohnungen gemeinsam zu entwerfen und dabei das Gebäude als Ort des Zusammenlebens zu begreifen. Das kommt in Begegnungen auf einer gemeinsam genutzten Terrasse oder in einem Mehrzweckraum oder auch in der gemeinsamen Nutzung des Waschraums zum Ausdruck. Die überarbeiteten Planungen sehen außerdem vor, dem partizipativen Wohnen einen höheren Stellenwert einzuräumen, indem Eigentümer bei Wohnbauprojekten im Viertel Citadelle als Baugemeinschaft auftreten. Gleiches ist auch für den Bau von Sozialwohnungen zur Vermietung und Baumaßnahmen durch Bauträger geplant. So sind auf der Halbinsel Citadelle etwa 100 Wohnungen nach dem Ansatz des partizipativen Wohnens geplant.

Kleines Wohnlexikon

Öffentlich geförderter Wohnraum für Personen mit geringem und mittlerem Einkommen

Wenn in Frankreich von locatif social und locatif intermédiaire die Rede ist, geht es um Wohnungen, die einer Bedürftigkeitsprüfung unterliegen und zu einem Mietpreis unterhalb des Marktdurchschnitts vermietet werden. Hierzu zählen Wohnungen, die in den einzelnen Vierteln und Wohnblöcken untergebracht sind und dort neben nicht-gefördertem Wohnraum angeboten werden, aber auch Wohnkomplexe für Zielgruppen mit spezifischen Bedürfnissen wie Sozialwohnungen für junge Erwerbstätige, Studierende, Alleinerziehende oder AsylbewerberInnen. Diese Wohnkomplexe verteilen sich auf die Wohnviertel und bereichern das Angebot an unterschiedlichen Wohnformen sowie Möglichkeiten des sozialen und generationenübergreifenden Wohnens.

Wohnraum für den Erwerb durch Personen mit geringem Einkommen

Wohnraum mit der Bezeichnung logements en accession sociale ist in Frankreich speziell für Personen mit geringerem Einkommen gedacht, die sich den Kauf einer Eigentumswohnung zu den marktüblichen Preisen nicht leisten könnten. Das System des bail réel solidaire ermöglicht es den künftigen Eigentümerinnen und Eigentümern, nur die Wohnung ohne Grundstück zu erwerben, was für einen Preisvorteil von ca. 25 % im Vergleich zu einer klassischen Wohnung sorgt.

Nicht öffentlich geförderter Wohnraum

Spricht man von logements en accession libre sind Wohnungen gemeint, für die kein Berechtigungsnachweis erbracht werden muss und die zu marktüblichen Konditionen vermietet oder verkauft werden. Die Eigentümer können die Wohnung nach dem Kauf entweder selbst nutzen oder vermieten und dabei verschiedene steuerliche Unterstützungen in Anspruch nehmen. Häufig verkommt diese Form der Wohnungen zu einer überteuerten „Einheitsware von der Stange“. Um das Risiko der faden Uniformität und Überteuerung zu minimieren,

  • wurden die architektonischen Vorschriften zur Mindestgröße und zu den Gestaltungsvorgaben klarer definiert,
  • werden fast 20 % der Wohnungen unter Berücksichtigung eines Höchstpreises verkauft. So soll vermeiden werden, dass 3-5-Zimmer-Wohnungen für eine Familie mit Kindern unerschwinglich sind.
  • wurden verschiedene Wohnbauprojekte mit aktiver Beteiligung der künftigen Eigentümerinnen und Eigentümer (partizipatives Wohnen), die teils gar gemeinsam die Rolle des Bauträgers übernehmen, vorgesehen.

Die neuen öffentlichen Einrichtungen

Bei einer kritische Überprüfung der zu Beginn der Projekts geplanten öffentlichen Einrichtungen wurden einige Versorgungslücken offen gelegt (eine Zusammenfassung der kritischen Analyse finden Sie in der Pressemappe mit dem Überblick über die Weiterentwicklungen im Projekt) (Bald auch auf Deutsch)  

Auf der Halbinsel Citadelle waren ursprünglich zu wenig Möglichkeiten des gesellschaftlichen Lebens und der Begegnungen vorgesehen. So wäre das Risiko einer Schlafstadt entstanden, das ein dynamisches und solidarisches Leben im Quartier verhindert hätte.

Nach der umfangreichen Überarbeitung des Konzepts 2021 wurde der Masterplan um die fehlenden öffentlichen Einrichtungen in den Quartieren ergänzt. So ist im Stadtteil Citadelle nun neu auch eine größere Schule samt neuer Kindergrippe sowie ein Raum für soziale und kulturelle Aktivitäten geplant. Die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils Citadelle profitieren aber auch von den öffentlichen Einrichtungen in den Nachbarvierteln. Hier sind insbesondere die Aristide-Briand-Sporthalle und die André-Malraux-Mediathek (nur auf französisch) in Neudorf, das Collège und die Sporthalle in Starlette, der Mehrzweckraum im Viertel Port du Rhin / Coop, die Cave à Vins, La Virgule im Stadtteil Coop sowie das Bürger- und Kulturzentrum in Form eines „Dritten Ortes“ mit einer zentralen Anlaufstelle für kommunale öffentliche Dienstleistungen (France Service beim Zollhof) in Port du Rhin zu nennen.


Wenn Sie mehr über die Weiterentwicklungen im Projekt auch in anderen Themenbereichen erfahren möchten, finden Sie hier eine Zusammenfassung